Das letzte Mal schwanger war ich vor
zwei Jahren. Und auch diese dritte Schwangerschaft machte aus mir
vorübergehend einen fettpflunschigen Wal.
Vor zwei Jahren also fuhr ich
höchstschwanger zum Baumarkt.
Angestrengt ob meiner 28 Extrakilo
schleppte ich mich durch die Regale, auf der Suche nach einem jener
Baumarktangestellten, die ihren Arbeitsalltag damit zubringen, sich
vor fragenden Kunden zu verstecken und in dieser Disziplin nach
einigen Arbeitsjahren eine unvergleichliche Geschicklichkeit
entwickeln.
Ich fand keinen. Dafür wurde mein
Kennzeichen ausgerufen. Nach der zweiten Durchsage war ich restlos
sicher: Der gesuchte Fahrer des Wagens, der sich bitte umgehend zur
Kundeninformation begeben sollte, war ich.
Ich watschelte also in die Richtung,
die mir von der Decke baumelnde Schilder wiesen. „Watscheln“
musste ich, weil die Schwangerschaft bereits so weit fortgeschritten
war, dass von „gehen“ keine Rede mehr sein konnte.
Vorbei an der Sanitärabteilung, deren
Spiegelschränke ich mit abgewandtem Gesicht passierte, entlang der
Freischneider und Rasenmäher, dann hinter der Lampenabteilung links
Richtung Ausgang. Ein Marathon im Entengang, erschöpfend.
Schließlich aber fand sich die Kundeninformation. Keuchend erreichte
ich die Zielgerade.
Und da stand sie: Im mittleren Alter,
unheimlich wütend, unheimlich fett.
Talkshow-fett, Bildzeitung-fett,
unfassbar elefantös, selbst noch neben meinem gesegneten Leib. Noch
viel massiver als der ungewöhnliche Körperumfang der Frau aber war
ihr Zorn, sie versprühte richtiggehend Funken.
Nämlich war es ihr nicht mehr möglich,
konnte ich dem wilden Gebrüll entnehmen, in ihr Auto zu steigen,
das in der Parklücke neben dem meinem stand. Sie bekam die Türe
nicht weit genug auf, zu nahe stand mein Wagen an ihrem. Ob ich
eigentlich nicht parken könne?
Das kann ich an sich schon, ich kann
für gewöhnlich auch antworten, aber die Wut der Frau war von
solcher Urkraft, dass sie mir schlicht die Sprache verschlug.
Neben der Frau stand ihr Begleiter,
lang und dünn, der schweigend auf den Boden starrte.
Hilfesuchend wandte ich den Blick an
die Mitarbeiter des Baumarktes, die offenbar alle aus ihren
Verstecken gehuscht gekommen waren, um diesem Ereignis aus der Nähe
beizuwohnen.
Von denen aber war keine Hilfe zu
erwarten, die meisten grinsten diskret vor sich hin.
„Da gibt es nichts zu lachen“
röhrte die Dicke, dabei versprühte sie nicht nur Funken, sondern
auch Speichelspritzer. Ich watschelte einige Schritte rückwärts, um
Sicherheitsabstand herzustellen.
Dabei fiel wohl der Blick der Dame auf
meinen medizinballgroßen Bauch unter den handballgroßen Brüsten.
Der großzügig ausladende Hintern entzog sich ihren Blicken, standen
wir doch vis-a-vis. Irgendetwas jedenfalls an diesem Anblick raubte
ihr für einen Moment die Fassung, ihr Mund öffnete und schloss sich
mehrmals, ohne dass ihm Worte entwichen.
„Sie!“ brüllte sie finalmente, und
richtete ihren Zeigefinger anklagend gegen meinen Bauch. „Sie
können mir doch nicht erzählen, dass Sie so aus dem Auto aussteigen
konnten!“
„Na, ganz offensichtlich doch.“ gab
ich nach einer kurzen Pause zurück. Touchè.
Es entstand ein Moment der Stille, in
dem mein Hirn die Frage generierte, warum der lange, dünne Begleiter
der Dame das Auto nicht einen Meter aus der knappen Parklücke heraus
fuhr, um ihr den Einstieg zu erleichtern. Gerade als ich begann,
diesen Gedanken zu formulieren, wurde ich von einem
Baumarktmitarbeiter unterbrochen, der mir freundlich vorschlug, doch
mein Auto umzuparken.
Das tat ich dann auch. Unter den
Blicken der Wütenden, mit der ich mich gemeinsam keuchend auf den Parkplatz geschleppt hatte, quetschte ich mich ins Wageninnere.
Dass mein Auto mittig zwischen den
Parkbuchtmarkierungen stand, während ihres rechtsbündig abgestellt
worden war, erwähnte ich nicht mehr.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen