Die Sonne scheint, von den Dächern
tropft es. Kies, ausgestreut um Passanten vor dem Ausrutschen zu
bewahren, liegt schwarz in den Pfützen am Rinnstein, die sich
morgens wieder heimtückisch mit Eis zugedeckelt haben und das
Überqueren der Straßen gefährlich machen.
Überall verlieren die aufgeweichten
Überbleibsel von Silvester ihre Farbe und verwandeln sich in
Pappmatsch, der kaum zu unterscheiden ist von der Hundekacke, die
jetzt überall aus dem schwindenden Eis auftaucht.
Ich laufe über das schwarze
Kopfsteinpflaster und bin konsterniert ob der Menge der Hundehaufen.
Sie sind unglaublich gut erhalten in Form und Farbe, nur den Geruch
scheint das Eis mit sich genommen zu haben. Es sind viele. Hunderte,
tausende Kilogramm Kacke, die da ungesehen unter Schnee und Eisdecke
gelagert waren. Biomasse, ist die eigentlich brennbar? Falls ja, sehe
ich hier eine echte Chance auf eine alternative Heizmethode. Man
kennt doch das Klischee von Hindufrauen, die hinter den heiligen
Kühen herlaufen, um deren Fladen erst zu trocknen und dann zu
verheizen. Sicher könnte man Langzeitarbeitslose rekrutieren für
diesen Job, den man dann nicht Scheißesammler, sondern irgendwie
euphemistisch benennen könnte. Zwecks der political correctnes
während der Namensfindung schlage ich den Vergleich zum
Alchimistentum vor, das sich doch in etwa zum Ziel gesetzt hatte,
Dreck in Gold zu verwandeln.
Es ist April und viel zu kalt für
diesen Monat. Grau draußen. Ich sitze vor dem Laptop und bemühe
mich, den Lärm des Lebens mit den eigenen Worten zu übertönen.
Ich bin nicht depressiv.
Ich bin jung.
Neben mir steht Aufbackpizza, die vor
einer Stunde noch warm war. Geschmacklich tut sich das nichts. Das
erinnert mich an die winterlichen Tiefkühlhundehaufen vom vergangenen
Januar.
Sind die nicht der unschlagbare Beweis
dafür, dass der Zustand des Gefrorenseins dem Aroma abträglich ist?
Die riechen doch nicht mehr nach dem Auftauen...?
Vielleicht starte ich eine Kampagne
gegen Tiefkühlkost! Mit diesem Vergleich!
Der Gedanken gefällt mir. Das Ganze
könnte ich ja damit begründen, dass Tiefkühlkost ökologisch
einfach nicht zu vertreten ist. Mein grünes Mäntelchen.
Doch, ehrlich: Man muss sich mal den
Spaß verbildlichen: Plakate für eine Tiefkühlkost? Nein danke!
Kampagne zu designen: Man bräuchte Vorher-Nachher-Aufnahmen von
Hundehäufen und Pizzazutaten. Einmal vor dem Einfrieren, einmal
wieder aufgetaut: Der Hundehaufen sollte leicht mitgenommen aussehen,
vielleicht ein bisschen eingefallen.
Da man Geruchsneutralität nur schwerlich
fotografieren kann, schlage ich statt dessen einen dicken Stempel über das Bild
vor: Stinkt nicht! Für das Nachherbild der Pizza nimmt man das
übliche lätschige Ergebnis aus dem Umluftherd. Auch dieses Bild
braucht einen Stempel: Schmeckt nicht! Sollte darauf stehen.
Naja. Ich stehe auf und laufe zum
Spiegel. Nehme den Lippenstift und male meinem Spiegelbild einen
Stempel: Denkt nicht! Finde das dann blöd, wische mit dem Ärmel und
korrigiere: Stimmt nicht!
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